Tack: Häusliche Gewalt ist keine Privatsache
„Das Gesundheitswesen hat für die Bekämpfung von Gewalt an Frauen und ihren Kindern eine Schlüsselfunktion“, sagte Gesundheitsministerin Anita Tack auf der heutigen Veranstaltung „Häusliche Gewalt (k)ein Tabuthema in der Praxis – Lasst uns reden!“ in Brandenburg an der Havel. Die ganze Gesellschaft sei gefordert, hinzuschauen und zu handeln. Schwerpunkte seien die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Gewaltopfern und eine bessere Vernetzung der Einrichtungen des Gesundheitswesens mit Hilfeeinrichtungen, so wie es der aktuelle Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen vorsieht. „Häusliche Gewalt ist keine Privatsache“, so die Ministerin. Sie müsse wirksam bekämpft werden.
Das Gesundheitsministerium engagiert sich seit Jahren gegen häusliche Gewalt. Gemeinsam mit der Ärztekammer und der Zahnärztekammer wurde beispielsweise beraten, welche konkreten Maßnahmen für eine Früherkennung von Gewalt an Frauen und Kindern möglich sind. Dazu gehören Schulungen und Fortbildungen, aber auch ein Leitfaden zu Diagnostik und Fallmanagement.
Ein Beispiel ist der überarbeitete Brandenburger Leitfaden zur Früherkennung von Gewalt an Kindern und Jugendlichen, der im September erschienen ist. Adressat sind Ärztinnen und Ärzte, aber auch Hebammen, Mitarbeiter der Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Gesundheitsämter und anderes medizinisches Personal. „Wir wissen, Gewalt an Kindern kann ein Indiz für Gewalt an Frauen sein – und umgekehrt. Der neue interdisziplinäre Leitfaden enthält deshalb ein Kapitel über häusliche Gewalt an sich“, sagte die Ministerin und verwies darauf, dass laut Kriminalitätsstatistik landesweit im vergangenen Jahr 3.579 Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt registriert wurden. Die Wohnung ist der häufigste Tatort.
In mehr als der Hälfte der Fälle von Gewaltausbrüchen stehen die gewalttätigen Lebenspartner unter Alkoholeinfluss und trinken auch sonst im Alltag massiv Alkohol. Alkohol kann bei gewalttätigen Personen die Hemmschwelle für Gewalt herabsetzen. Workshops und Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Thema haben oft eine große Resonanz.
Nach einer aktuellen Studie des Robert Koch-Instituts waren in den vergangenen 12 Monaten etwa 3,5 Prozent der Männer und Frauen gewalttätig gegenüber ihrer Partnerin bzw. ihrem Partner. Mit zunehmendem Alter wird Gewalt seltener ausgeübt und erlitten. „Auch Frauen können körperliche Gewalt ausüben. Dies darf kein Tabu-Thema sein. Unmissverständlich will ich klarstellen, dass der Blick auf Gewalt, die von Frauen ausgeübt wird, keine Relativierung von Männergewalt sein kann“, so Tack. Sie würdigte die umfangreiche und langjährige Erfahrung, die in Brandenburg a.d.H. im Rahmen eines Bundesmodellprojekts gesammelt wurde. Dazu gehört das Medizinische Intervention gegen Gewalt (MIGG). Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte werden hier im angemessenen Umgang mit gewaltbetroffenen Patientinnen fortgebildet und in die regionalen Netzwerkstrukturen gegen Häusliche Gewalt eingebunden. Das Bundesmodellprojekt wurde erfolgreich evaluiert und führt in der Stadt und ihrer Umgebung zu Netzwerkbildung.
Es ist eine gute Tradition, dass in Brandenburg an der Havel in zeitlicher Nähe zum Internationalen Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen“ ein Fachtag des Arbeitskreises „Keine Gewalt an Frauen und Kinder“ stattfindet. Dieses Jahr zu den Thema: „Häusliche Gewalt (k)ein Tabuthema in der Praxis – Lasst uns reden!“
Potsdam, 13.11.2013Veröffentlicht von:
Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MUGV)
