Protest gegen Änderung der Kommunalverfassung
Gegen die Gesetzesänderung hatten sich bereits im Vorfeld die Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg, der Handwerkskammertag des Landes Brandenburg, die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V, die Unternehmerverbände Berlin und Brandenburg, der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg e.V. sowie der Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg e.V., der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg e.V. sowie der Verband Deutscher Unternehmerinnen e.V. an die Brandenburger Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden, an Ministerpräsident Matthias Platzeck, an die Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten, Ralf Christoffers, und des Innern, Dr. Dietmar Woidke, an die Staatskanzlei, an den Landkreistag sowie an den Städte- und Gemeindebund gewandt und Gespräche geführt.
Darin kam zum Ausdruck, dass die private Wirtschaft neben der Konkurrenz durch kommunale Unternehmen zusätzlich Wettbewerbsverzerrungen befürchtet. Mit der Änderung der Kommunalverfassung greift die Landesregierung nun massiv in das Verhältnis von Privat- und Staatswirtschaft zu Lasten kleiner und mittelständischer Unternehmen ein: Der bestehende Vorrang der Privatwirtschaft bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben entfällt nun. Die Kommunen sollen bei ihrer Wirtschaftstätigkeit kaum noch an ihr Gebiet gebunden sein und die so genannten Nebenleistungen – Tätigkeiten, die der Privatwirtschaft vorbehalten sind - dürfen fast uneingeschränkt erbracht werden.
Im Einzelnen äußerten sich Gegner zu der aktuellen Gesetzesänderung:
Dr.-Ing. Victor Stimming, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam: „Die Enttäuschung über den Beschluss ist groß. Es ist für uns unverständlich, dass sich die Regierungsmehrheit im Landtag über das Gesamtinteresse der Wirtschaft hinwegsetzt und damit eine Schwächung der privaten Wirtschaft in Kauf nimmt. Offenbar wurde eine vorgefasste Meinung - basierend auf dem nie öffentlich diskutierten rot-roten Koalitionsvertrag - umgesetzt , ohne sich sachlichen Argumenten zu stellen und praktikable Dinge einzuarbeiten. Schade, dass Arbeitsplätze gefährdet werden.“
Bernd Ebert, Präsident des Handwerkskammertages des Landes Brandenburg: „Das Handwerk ist enttäuscht, dass alle Argumente und Initiativen gegen das Gesetz nicht gefruchtet haben. Die Zukunft wird beweisen, wie negativ sich die neue Gesetzeslage auf die regionale Wirtschaft auswirken wird.“
Axel Wunschel, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg e.V. :
„Wir bedauern diese Entscheidung sehr, der Landtag hat eine große Chance vertan, Wettbewerbsgleichheit zwischen den privaten und den kommunalen Unternehmen herzustellen und zu sichern.“
Reinhold Dellmann, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e. V.: „Es kann nicht sein, dass Kommunen erst ihre Eigenbetriebe zu groß dimensionieren und anschließend auf Kosten der Steuerzahler privaten Unternehmen Konkurrenz machen. Das ist eine massive Wettbewerbsverzerrung.“
Gundolf Schülke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg: „Damit wird das Subsidiaritätsprinzip, ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft, abgeschafft. Wenn Kommunen über ihre Grenzen hinweg und unter solchen erleichterten Bedingungen wirtschaften, geraten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen in eine ungleiche Konkurrenz. Das ist ein fatales Signal für den Investitionsstandort Brandenburg."
Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus: „Der explizite Abschied Brandenburgs vom Subsidiaritätsprinzip als einem Kernelement der sozialen Marktwirtschaft ist aus ordnungspolitischen Gründen äußerst bedenklich. Außerdem sendet die Landesregierung das falsche Signal an private Investoren, die nach Brandenburg kommen wollen. Hinzu kommt, dass der in Brandenburg mühsam aufgebaute unternehmerische Mittelstand in seinen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten massiv behindert wird, ohne dass die Finanznöte der Kommunen tatsächlich gelöst sind. Am Ende werden die Bürger draufzahlen, denn die öffentliche Hand war auf lange Sicht noch nie effektiver als die Privatwirtschaft.“
Wolfgang Zithier, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt/Oder: „Durch die Aufweichung des Örtlichkeitsprinzips ist zu befürchten, dass schon bestehende kommunale Bauhöfe Bauleistungen für angrenzende Kommunen mit anbieten und somit massiv in Konkurrenz zur heimischen handwerklichen Bauwirtschaft treten werden. Dies ist so nicht hinnehmbar, weil die Gefahr besteht, dass weitere Kommunen auf Grundlage dieses Gesetzes Neugründungen anstreben."
Knut Deutscher, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Cottbus: „Besonders betroffen macht die Tatsache, dass die Abgeordneten jedwede Kompromissvorschläge in der Abwägung zugunsten der Kommunen und damit zulasten der privaten Wirtschaft entschieden haben. Dieser Politikstil des Übergehens von Argumenten der Wirtschaft durch die Landesregierung ist einzigartig und neu. Das Vertrauen in eine verlässliche Wirtschaftspolitik wird so sicher nicht gestärkt.“
Carlotta Köster-Brons, Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen (VdU) e.V.: „Die von der Landesregierung geplante Stärkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen wird in Brandenburg zu einer starken Wettbewerbsverzerrung und genau zum Gegenteil der von der Landesregierung gewünschten Ergebnisse führen. Qualitativ hochwertige Leistungen zu einem angemessenen Preis können nur in einem freien Markt entstehen. Gerade familiengeführten mittelständischen Unternehmen, die in Brandenburg die Arbeitsplätze sichern und den Wirtschaftsstandort stärken, werden so, noch dazu auf Grundlage eines Gesetzes, aus dem Markt verdrängt.“
Carsten Henselek, Vorsitzender Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg e. V.: „Nebentätigkeiten sollen für Kommunalbetriebe demnächst ohne örtliche Begrenzung erlaubt sein: Das wird ein schwerer Schlag vor allem für die kleinen Dienstleister in den Kommunen!“
Mario Kade, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Brandenburg (DEHOGA):
„Das Gastgewerbe im Land Brandenburg ist enttäuscht und verärgert über diesen die Gesetze der Marktwirtschaft aushebelnden Gesetzestext. Zeigt sich doch darin das Unverständnis der Politik in Brandenburg für wirtschaftliche Belange und die Interessen gerade der kleinen Unternehmen im Land. Der DEHOGA Brandenburg wird sich weiter vehement gegen dieses Gesetz aussprechen. Mit diesem Gesetz wird die von uns seit Jahren angeprangerte Schwarzgastronomie legitimiert.“
Veröffentlicht von:
Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam
