Tack: Brandenburg schützt seine biologische Vielfalt
„Jeder Euro, den wir in den Schutz der biologischen Vielfalt investieren, ist gut investiert und zahlt sich volkswirtschaftlich aus. Denn neben der Schönheit, Vielfalt und Einzigartigkeit liefert die Natur Güter und Leistungen, die elementare Grundlage für unser Wirtschaften und Wohlergehen sind. Die Vorsorge zur nachhaltigen Sicherung unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen ist deutlich preiswerter als der Versuch, Verlorengegangenes zu ersetzen“, so Umweltministerin Anita Tack. Am Vorabend des Internationalen Tages der biologischen Vielfalt berichtete sie über die derzeitige Situation in Brandenburg und stellte das Maßnahmenprogramm der Landesregierung vor.
Das Maßnahmenprogramm soll dazu beitragen, die von der EU und Deutschland definierten Ziele der Biodiversitäts-Strategie zu erreichen. So soll der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt in Europa bis 2020 gestoppt und danach eine positive Entwicklung eingeleitet werden. „Die schwersten Verluste erleiden nicht die Arten, sondern deren Lebensräume“, sagte die Ministerin. Rund drei Viertel aller Biotope und etwa die Hälfte aller 6000 in Brandenburg vorkommenden Arten seien gefährdet. Etwa jede zehnte Art sei akut vom Aussterben bedroht.
Trotz intensiver Schutzbemühungen und positiver Entwicklungen bei einigen Arten und Lebensräumen, konnte jedoch der deutschlandweit rückläufige Trend bei zahlreichen Pflanzen- und Tierarten auch in Brandenburg nicht gestoppt werden.
Als positive Beispiele nannte Tack Großtrappe, See- und Fischadler und Weißstorch.
- Großtrappe: Mit fast 140 Tieren konnte 2013 dank langanhaltender intensiver Schutzbemühungen der Stand von Anfang der 1990er Jahre wieder erreicht werden.
- See- und Fischadler: Der Bestand ist in den letzten Jahren weiter angewachsen. So konnten in Brandenburg 2012 beim Fischadler 336 Revierpaare nachgewiesen werden, die höchste Zahl seit 1991. 256 Paare haben erfolgreich ihre Jungen aufgezogen. Beim Seeadler konnten 2013 171 Revierpaare beobachtet werden, von denen 90 erfolgreich gebrütet haben.
- Weißstorch: Das Bestandsniveau ist - von Schwankungen in einzelnen Jahren abgesehen - in den letzten 20 Jahren etwa gleichbleibend. 2013 wurden insgesamt 1351 Horstpaare erfasst, davon 853 Brutpaare mit Jungen. Beim viel selteneren und sehr störungsempfindlichen Schwarzstorch gab es 2013 nur 38 anwesende Revierpaare und mit nur 19 erfolgreichen Bruten einen erneuten, alarmierenden Tiefststand.
Die aktuell am stärksten gefährdeten Vogelarten sind europa- und deutschlandweit die Vögel der Agrarlandschaft. Etwa 45 Prozent dieser Arten sind in Deutschland rückläufig. Hauptgründe für die Verschärfung der Situation sind die Ausweitung des Energiepflanzenanbaus verbunden mit der Umstellung von Fruchtarten und Fruchtfolgen, das Fehlen von Getreidestoppelfeldern und der Verlust von Brach- und Stilllegungsflächen. Das gilt auch für Brandenburg. Beim Rebhuhn beträgt hier der Rückgang seit 1995 73%, bei der Feldlerche 34%, beim Feldsperling 52% und beim Kiebitz 60%.
Die einzige Artengruppe, bei der in Europa, deutschlandweit und auch in Brandenburg positive Bestandsentwicklungen überwiegen, sind die einheimischen Fischarten. Dank zahlreicher Maßnahmen haben sich die Gewässerqualität sowie die Durchgängigkeit vieler Fließgewässer deutlich verbessert. Das führte zu einer positiven Entwicklung die Bestände von etwa einem Viertel aller Fischarten. Dazu gehören die nach der FFH-Richtlinie einem besonderen Schutz unterliegenden Arten Steinbeißer und Schlammpeitzger. Lachs und Stör wurden wiederangesiedelt und breiten sich langsam aus.
Alarmierende Bestandsrückgänge hingegen sind bei über 70 Prozent der Amphibienarten zu verzeichnen. Damit sind Amphibien neben einigen Insektengruppen z.B. Bienen die weltweit prozentual am stärksten gefährdete Artengruppe. Die Bestände der Östlichen Smaragdeidechse und der Sumpfschildkröte, zweier Arten, für deren weltweite Erhaltung Brandenburg eine herausragende Verantwortung trägt, stehen am Rande des Aussterbens. Die Naturschutzstation Rhinluch unternimmt alle Anstrengungen, um den hohen Verlusten durch Aufzucht und Aussetzen von Sumpfschildkröten und Smaragdeidechsen entgegenzuwirken.
Auch die Bestandssituation vieler Pflanzenarten ist in Brandenburg kritisch. Vom Aussterben bedroht sind insbesondere „Acker-Wildkräuter“, die nur in Mittel- und Westeuropa vorkommen, wie z.B. Lämmersalat und Acker-Schwarzkümmel. Aber auch Arten der Trockenrasen wie Kuhschellen, verschiedene Nelken und Arten der nährstoffarmen Wälder, Haine und Säume wie Schwarzwurzel-Arten, Graslilien und Wald-Orchideen oder Arten der nährstoffarmen Wiesen und Moore, wie Enzian-Arten, Moor- und Wiesen-Orchideen und Sonnentau geraten zunehmend in Bedrängnis. Hier versucht die Landesregierung seit einigen Jahren, durch europäisch geförderte oder vom Land finanzierte Projekte, wie z.B. Maßnahmen zum Schutz von Waldmooren und Braunmoosmooren sowie bestimmter Trockenrasenlebensräume entgegenzuwirken.
„Der Schutz der biologischen Vielfalt für künftige Generationen ist keine Aufgabe des Naturschutzes allein, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der allen Politikfeldern wie der Land- und Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Verkehrs- und Energiepolitik sowie der Fischerei eine wichtige Rolle zukommt“, so Tack. Sie verweist darauf, dass der erfolgreiche Schutz der heimischen Pflanzen und Tiere oft eine kleinteilige, auf viele Orte, Personen und Institutionen verteilte Aufgabe sei. „Die großflächigen Landnutzungen, vor allem die Land- und die Forstwirtschaft, müssen einen wesentlich größeren Beitrag als bisher leisten, wenn die Vielfalt artenreicher Lebensräume nicht auf letzte Rest- und Splitterflächen zurückgedrängt werden soll.“
Potsdam, 21.05.2014Veröffentlicht von:
MUGV
