NABU fordert sofortigen Stopp des Waldwegebaus
Unter dem Vorwand des vorbeugenden Brandschutzes werden in Brandenburg zurzeit Waldwege massiv ausgebaut. Der Landesforstbetrieb will nach der Betriebsanweisung vom Februar 2012 eine ganzjährige Befahrbarkeit der Hauptwege im Wald möglichst bei jeder Witterung erreichen. Diese Wege sollen von Holztransportern mit einem Gesamtgewicht von 44 Tonnen und einer Geschwindigkeit bis zu 40 Stundenkilometern befahren werden können. Mit dem Ziel der Waldbrandbekämpfung werden großzügig EU-Mittel eingesetzt. Zuwendungsempfänger des öffentlichen Rechts erhalten von der Europäischen Union 80 Prozent gefördert, Empfänger des privaten Rechts bekommen mit 100 Prozent sogar den gesamten Betrag.
Der NABU kritisiert diesen überdimensionierten Ausbau der Forststraßen in Brandenburg scharf. „Dieser stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Wald als Erholungs- und Naturraum dar“, so der Landesvorsitzende des NABU Brandenburg, Friedhelm Schmitz-Jersch. Geplant ist der Ausbau der Hauptwege im Planquadrat von 1000 mal 1000 Metern, welches durch Nebenwege im Abstand von 500 Metern weiter untergliedert wird. Für Hauptwege werden Fahrbahnbreiten von mindestens 3,50 Meter mit zusätzlichen befestigten Seitenstraßen und ein gehölzfreier lichter Raum von acht bis zehn Metern vorgeschrieben. Die Trag- und Deckschicht soll eine Mächtigkeit bis zu 60 Zentimeter erhalten und aus Recyclingmaterial oder Schotter bestehen. Obwohl eigentlich nicht zulässig findet man in dem Recyclingmaterial immer wieder auch recyceltes Bitumenmaterial.
„Waldlebensräume, ihre Artengemeinschaften und das Landschafsbild werden durch dieses Schotterstraßennetz zerstört. Wir fordern den sofortigen Stopp dieses rabiaten Straßenbaus im Wald“ erklärte Friedhelm Schmitz-Jersch. Dieses dichte Netz der Schotterpisten zerschneidet die natürlichen Lebensräume im Wald und bedroht die letzten Vorkommen stark gefährdeter Arten. Populationen von Kreuzotter, Glattnatter, Zauneidechse und zahlreiche andere Arten werden durch die Schotterstraßen erheblich beeinträchtigt. Viele dieser Arten können die Schotterstraßen nicht mehr überwinden. Die Auswirkungen, wie Barriereeffekte und permanente Tierverluste können in mehreren Fällen die ganze Population in Brandenburg gefährden. Durch die Zunahme des Verkehrs auf diesen Schotterstraßen gehen die für einige Tierarten überlebenswichtigen Rückzugs- und Ruhegebiete verloren.
Das Naturerlebnis im Wald ist das Wandern auf natürlichen Waldwegen. Der NABU fragt die Landesregierung, wie attraktiv künftig das Wandern auf solchen für den LKW-Verkehr ausgebauten Schotterpisten in einem Ein-Quadratkilometer-Raster noch für unsere Bürger und die Touristen ist. Solche Schotterstraßen, die normalen Straßen ähneln, ziehen auch zusätzlichen Verkehr von Pkws und Motorrädern an.
Als Grund für den rabiaten Straßenbau und für den Einsatz von EU-Mitteln nennt die Forst die Erschließung des Waldes zu Zwecken der Waldbrandbekämpfung. Die vorhandenen natürlichen Waldwege können jedoch von Löschfahrzeugen aller Art befahren werden. Feuerwehrfahrzeuge werden mittlerweile alle nach DIN produziert, Geländegängigkeit ist als anerkannte Regel der Technik vorgeschrieben. Das Tanklöschfahrzeug 16/45 ist speziell in Brandenburg für die Waldbrandbekämpfung mit Allradantrieb entwickelt worden und hat eine zulässige Gesamtmasse von 12,5 Tonnen. Selbst die größten Feuerwehrfahrzeuge liegen im Gesamtgewicht unter 20 Tonnen. Auch zuckersandige Waldwege sind unabhängig vom Grad der technischen Ausstattung von Feuerwehrfahrzeugen befahrbar. Für Fahrzeuge aus DDR-Bestand, etwa Tanklöschfahrzeuge auf W50-Basis, sind trockene Waldwege kein Problem.
„Die Waldbrandbekämpfung scheidet deshalb als Vorwand für den Waldstraßenbau aus“, so der NABU Vorsitzende Schmitz-Jersch. „Der Einsatz von EU-Mitteln für den Waldstraßenbau muss sofort eingestellt werden. Es drohen ansonsten Rückforderungen der EU wegen unsachgemäßen Mitteleinsatzes.“
Potsdam, 23.04.2013Veröffentlicht von:
NABU Landesverband Brandenburg e.V.
