Große Anfrage im Landtag: Entwicklung der Vogelwelt in Brandenburg
Umweltminister Jörg Vogelsänger hat heute im Landtag zur Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 23 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur „Entwicklung der Vogelwelt in Brandenburg“ Stellung bezogen (Drucksache 6/6731). Der vollständige Text der Landtagsdrucksache ist über die Parlamentsdokumentation Brandenburg unter www.parldok.brandenburg.de) abrufbar.
Vogelsänger: „In den kommenden Wochen wird sich wieder bestätigen, dass Brandenburg zum gut besuchten Pilgerort von Vogelfreunden wird. Bird Watcher aus dem In- und Ausland werden dann wieder bei uns das beeindruckende Naturschauspiel des Kranichabflugs erleben. Brandenburg bietet im Vergleich der Bundesländer eine Vielfalt an Vogelarten, von denen etliche auch auf Roten Listen verzeichnet sind. Neben den staatlichen Naturschützern und der Naturwacht haben wir gerade im Bereich des Vogelschutzes sehr viele ehrenamtliche Helfer, die uns in ihrer Freizeit bei der Datenerfassung oder beim Schutz von Horsten beziehungsweise Brutplätzen unterstützen. Ihnen allen möchte ich für dieses Engagement heute ausdrücklich danken. Ihre Arbeit ist auch in die Beantwortung dieses Fragenkatalogs des Brandenburger Landtags eingeflossen.“
„Brandenburg leistet auf dem Gebiet des Vogelschutzes große Beiträge. Vogelschutz hat aber nur dann Erfolg, wenn alle an einem Strang ziehen. Dies gilt national und international vor allem für die Arten, die alljährlich quer über unseren Kontinent ziehen.“
Die Antwort zeigt, dass es in Brandenburgs Vogelwelt seit 1990 Gewinner und Verlierer gibt. Die Bestandsentwicklungen sind so differenziert, wie es auch unterschiedliche Gründe dafür gibt. Während des vom Landtag vorgegebenen Rahmens für die Abfassung der Antworten auf die Große Anfrage musste allerdings darauf verwiesen werden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die neue „Rote Liste Vögel“ für das Land Brandenburg durch das Landesamt für Umwelt als Fachbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege in Bearbeitung ist und planmäßig erst im kommenden Jahr vorliegt.
Mit Abschluss der Arbeiten an der für 2018 vorgesehenen neuen Roten Liste können die Bestandszahlen und Bestandstrends aller zirka 200 Brutvogelarten Brandenburgs vorgelegt werden.
Nach derzeitigem Stand sind die häufigsten Brutvogelarten im Land übrigens Haussperling, Kohlmeise und Buchfink. Die seltensten Arten sind Seggenrohrsänger, Sumpfohreule und Uferschnepfe.
Zu den Arten mit einem starken Bestandsrückgang in Brandenburg zählen unter anderem das Rebhuhn, der Kiebitz, die Feldlerche und das Braunkehlchen.
Zu den Arten, die in ihrem Bestand in Brandenburg zugenommen haben, gehören unter anderem Schilfrohrsänger, Wiedehopf, Grauammer und Wachtel.
Manche Ursachen für Bestandsveränderungen wirken sogar in beiden Richtungen: Während der Gänsesäger von einer besseren Wasserqualität profitiert, führen die zurückgehenden Nährstoffgehalte von Gewässern bei der Tafelente für Bestandsrückgänge.
Als ein Problem erweist sich in Brandenburg die Ausbreitung von invasiven Arten. Insbesondere Wiesenbrüter werden durch Raubwild wie Waschbären oder Marder bedroht.
Weiterhin spielen Schwankungen beim Nahrungsangebot und dem Bruterfolg und die Art und Weise der Bewirtschaftung von Lebensräumen, Flächenverluste durch Infrastrukturentwicklung oder auch Änderungen des Binnenklimas eine Rolle.
Gerade der Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Brutvogelbestände in Brandenburg sorgt für manchen Neuankömmling, wird aber in der Fachliteratur breit diskutiert. Daten des Vogelmonitorings zeigen, dass sich bei 88 in Deutschland häufig vorkommenden Brutvogelarten in den Jahren 1990 bis 2010 die relativen Häufigkeiten zugunsten eher wärmeliebender Arten beziehungsweise zu Ungunsten eher kälteliebender Arten verschoben haben. Welche weiteren Auswirkungen dies auf die biologische Vielfalt hat, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen (Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel). Dementsprechend ist eine solche Bewertung auf Landesebene noch weniger möglich. Exemplarisch kann die Zunahme des Wiedehopfs und des Silberreihers sowie die Neuansiedlung des Bienenfressers in Brandenburg für die wärmeliebenden Arten genannt werden, während Rückgänge, zum Beispiel des Wintergoldhähnchens, nicht sicher auf Klimafaktoren zurückzuführen sind.
Das Agrar- und Umweltministerium nutzt die Instrumente der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik, namentlich das Greening und Agrarumweltmaßnahmen, auch dazu, um in der agrarisch genutzten Offenlandschaft eine Vielfalt an Lebensräumen zu erhalten, von denen die Biodiversität der Avifauna beeinflusst wird. So werden auf 65,39 Prozent des Grünlands in Brandenburg von Landwirten KULAP-Maßnahmen umgesetzt.
Die Schutzgebietsausweisungen der letzten Jahre, insbesondere zum Erhalt und zur Entwicklung von NATURA 2000-Gebieten, tragen dazu bei, die Schwerpunktvorkommen von Brutvögeln der Offenlandschaft zu erhalten.
Für ausgewählte Arten unterstützt das Landesamt für Umwelt die Beschaffung von Nisthilfen, vor allem für Fischadler, Wanderfalke, Weiß- und Schwarzstorch, Trauerseeschwalbe und Wiedehopf. Ausgebracht werden sie nicht von staatlicher Seite, sondern fast ausschließlich durch ehrenamtliche Ornithologen. So wurden in den Jahren 2015 und 2016 Nisthilfen für die Trauerseeschwalbe finanziert (Kosten von 1.800 Euro beziehungsweise 1.500 Euro). 2017 werden Nisthilfen für Fischadler, Wanderfalke und Baumfalke für 1.800 Euro finanziert.
Das Agrar- und Umweltministerium unterstützt Projekte, die die Verbesserung der Vogelbestände zum Ziel haben. So werden im Naturpark Nuthe-Nieplitz Steinkäuze wiederangesiedelt und im Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft gibt es in enger Kooperation zwischen Forst- und Naturschutzverwaltung ein Projekt zur Wiederansiedlung des Auerhuhns.
Mit freundlichen Grüßen,
Achim Wersin
Veröffentlicht von:
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg
