Leichte Sprache: Verwaltung muss für alle verständlich werden
Verträge, Gesetzestexte, Bedienungsanleitungen - jeder kennt Texte, die unverständlich geschrieben und so kompliziert sind, dass sie ermüden oder unzugänglich bleiben. Menschen mit Behinderungen sind zum Teil im alltäglichen Leben mit einer Vielzahl von Texten konfrontiert, die sie nicht verstehen. Damit alle Menschen selbstbestimmt und selbstständig auch Fachpublikationen der Verwaltung lesen können, hat die Landeshauptstadt Potsdam den Teilhabeplan in Leichter Sprache veröffentlicht. Der Anfang des Jahres veröffentlichte Lokale Teilhabeplan mit 180 Empfehlungen, um die Barrieren zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für behinderte Menschen abzubauen, ist somit komplett umformuliert worden. "Kommunikation misslingt oft, wenn komplexe Sachverhalte vermittelt werden sollen und viele Konflikte resultieren aus Missverständnissen", sagt Martina Trauth-Koschnick, Leiterin des Büros für Chancengleichheit und Vielfalt. Deshalb ist es ihr enorm wichtig, "Informationen so zu kommunizieren, dass sie verstanden werden".
In der UN-Konvention zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderung findet sich das Thema an verschiedenen Stellen wieder. Artikel 9 macht deutlich, dass Kommunikation Voraussetzung für Teilhabe und das Recht auf Selbstbestimmung ist. Auch im Potsdamer Teilhabeplan, in dem es um die gleichberechtigte Lebensweise von Menschen mit Behinderungen geht, findet sich das Thema barrierefreie Kommunikation in vielen geforderten Maßnahmen wieder.
So sollen zum Beispiel Amtsschreiben, Hinweise und Informationen der Stadtverwaltung auch in leichter Sprache den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden. Leichte Sprache ist nicht nur verständliche Sprache. Sie unterliegt gewissen Regeln. Die wichtigsten heißen: Nur eine Aussage pro Satz, keine Fremdwörter verwenden, lange Worte mit Bindestrichen unterteilen.
Als wichtiger Schritt ist der Potsdamer Teilhabeplan in Leichte Sprache umformuliert worden. Evelyn Lindow von der Theodor Fliedner Stiftung Brandenburg hat die Texte dazu geschrieben. Marcel Busse, Maria Günther, Liane Köhler und Viktoria Weber gehören zu der Prüfergruppe für leichte Sprache bei der Theodor Fliedner Stiftung. Sie arbeiten fast alle in Werkstätten für behinderte Menschen und haben sich nach der Arbeit und am Wochenende noch die Zeit genommen, um die Texte daraufhin zu prüfen, ob sie gut verständlich und leicht lesbar sind. Die Gruppe hat schon Texte für die Stiftung Preußische Schlösse und Gärten Berlin und Brandenburg und auch für die Betreuungsbehörde der Landeshauptstadt Potsdam in Leichte Sprache übertragen. Herausgekommen ist nun eine 20-seitige Broschüre, die sehr anschaulich die über 100-seitige, mit vielen Fachwörtern gespickte Originalfassung in leicht verständlicher Sprache präsentiert. Für Martina Trauth-Koschnick ist der Teilhabeplan in leichter Sprache aber erst der Anfang auf dem Weg zu einer verständlichen Verwaltungssprache für alle. Sie möchte sich in der Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam zunehmend dafür einsetzen, dass Texte in Broschüren und Informationsblättern auch in leichter Sprache zugänglich gemacht werden.
Grundsätzlich findet sie, dass Verwaltungssprache verbessert werden könnte. Sätze müssten kürzer werden und einfacher gebaut sein, Fachwörter sollten nur so wenig wie nötig verwendet werden und komplizierte Zusammenhänge müssten einfach erläutert werden. Als aktuelles Beispiel nennt sie die "Inklusion": In leichter Sprache heißt Inklusion: "Menschen mit Behinderung werden von allen Menschen anerkannt. Menschen mit Behinderung sollen mittendrin sein in der Gesellschaft. Sie sollen nicht am Rand stehen oder in abgegrenzten Gruppen leben. Sie sollen selbst entscheiden können und überall mitmachen können. Sie sollen nicht durch andere bestimmt werden." Hier wird durch leichte Sprache ein schwieriges Wort für alle verständlicher gemacht, so Martina Trauth-Koschnick. Gerade beim Thema Inklusion zeigt sich, wie groß die Missverständnisse durch eine schwere bzw. unverständliche Sprache sein können. Die Voraussetzung geeignete Wege zur Inklusion in der Landeshauptstadt Potsdam zu diskutieren und zu finden liegen aber in einem gemeinsamen Grundverständnis darüber, was Inklusion bedeutet.
Potsdam, 09.07.2013Veröffentlicht von:
Stadtverwaltung Potsdam
