Eingriff in die Haushalte der Hochschulen verfassungswidrig
Das von der Universität Potsdam im Namen der Brandenburgischen Landesrektorenkonferenz in Auftrag gegebene Gutachten "Rechtsfragen des Zugriffs der Regierung des Landes Brandenburg auf die Rücklagen der Brandenburgischen Hochschulen" kommt zu dem Schluss, dass das Vorgehen der Regierungskoalition gegen die Verfassung des Landes verstößt. Die Finanz- und Hochschulautonomie der Universitäten und Fachhochschulen werde verletzt. Die Analyse des bekannten Berliner Staats- und Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Christian Pestalozza bewertet das Handeln der Regierung inhaltlich als einen Bruch des Brandenburgischen Hochschulpaktes II, der im Jahr 2007 unterzeichnet wurde. Darüber hinaus seien die Hochschulen an der verfassungsrechtlich gebotenen Entscheidungsfindung nicht angemessen beteiligt worden.
Pestalozza, bis 2006 Lehrstuhlinhaber für Verwaltungs- und Staatsrecht an der Freien Universität Berlin, stellt in seinem Gutachten fest: "Die Regierung des Landes Brandenburg hat den Hochschulen … rechtsverbindlich die Übertragbarkeit nicht verbrauchter Haushaltsmittel und eine damit verbundene Rücklagenbildung zugesagt." Er widerspricht damit der in den vergangenen Wochen immer wieder geäußerten Position des MWFK, dass dem Hochschulpakt keine Rechtskraft innewohnt. "Die Rechtsverbindlichkeit hängt nicht davon ab, ob man die Zusage als Teil eines Vertrages oder als einseitige Zusicherung ansieht", urteilt der renommierte Berliner Rechtswissenschaftler, der unter anderem als Grundgesetzkommentator bundesweit hohes Ansehen genießt. Die brandenburgische Landesregierung plant, den Hochschulen zehn Millionen Euro aus den so genannten Rücklagen zu entziehen. Das Wissenschaftsministerium beansprucht zunächst pauschal ein Viertel der gebildeten Rücklagen aller Hochschulen. Den Rest müssen zusätzlich die beiden größten Universitäten des Landes in Potsdam und Cottbus übernehmen. Allein die Universität Potsdam muss auf Grundlage dieser Berechnung 4,49 Millionen Euro an den Landeshaushalt abführen. Die BTU Cottbus wird mit 3,66 Millionen Euro an der Haushaltskonsolidierung beteiligt.
Die Rücklagen der brandenburgischen Hochschulen entstehen unter anderem durch zeitverzögerte Mittelzuweisungen des Landes. So wurde der Landeshaushalt 2010 erst Mitte des Jahres vom Parlament beschlossen, mit der Konsequenz, dass die Hochschulen deutlich verspätet Ausgaben belastbar planen und realisieren können. Vor Abschluss des Hochschulpaktes hat das unter anderem immer wieder zum Ausbrechen des sprichwörtlichen Dezemberfiebers in den Verwaltungen geführt. Genau das sollte die Rücklagen-Vereinbarung verhindern.
Anders als immer wieder unterstellt, sind Rücklagen kein Sondersparvermögen der Hochschulen. Die Mittel sind fest für langfristige und auch überjährige Vorhaben in Forschung und Lehre eingeplant.
Die im Hochschulpakt eingeräumte Möglichkeit, diese Mittel in voller Höhe in den Haushalt des kommenden Jahres zu übertragen, hat sich im Sinne einer nachhaltigen Haushaltsführung - wie im Hochschulpakt von Landesregierung und Hochschulen bestätigt - bewährt. Eine Vielzahl von Großprojekten ist so überhaupt erst möglich geworden. Das Renommee des Wissenschaftsstandortes Brandenburg ist nicht zuletzt dadurch national wie international gewachsen. Die Mitglieder der Landesrektorenkonferenz verweisen noch einmal auf die besondere Bedeutung der Rücklagenlösung für das Ansehen der brandenburgischen Hochschulen als zuverlässigen Partner im internationalen Wissenschaftsbetrieb.
Veröffentlicht von:
Universität Potsdam
